Autor: Desirée Rosemann

Empfangen vs. geben und nehmen

„Tu so viel Gutes, wie du kannst, und mach so wenig Gerede wie möglich darüber“
Dieser Spruch stand einmal auf einem Sprüchekalender in meinem Wohnzimmer. Ich fand diese Aufforderung damals gut und immer wieder kommt sie mir in den Sinn.
Ich wollte nicht in die Gefahr kommen, mir selbst oder anderen beweisen zu wollen, was für ein guter Mensch ich bin. Wenn andere erzählen, wo sie jemandem eine Freude gemacht haben, wann sie jemanden zum Essen eingeladen haben oder was andere an ihnen schätzen – dann fühle ich mich innerlich dazu herausgefordert, mich zu vergleichen. Bin ich genug für andere da? Bin ich auch so großzügig? Ich bin dankbar, dass ich diesen Spruch damals in meinem Wohnzimmer hatte und dadurch immer wieder versuche, eben nicht zu vergleichen oder anderen zu erzählen, wem ich wann etwas Gutes getan habe – auch wenn es mir grundsätzlich zu wenig vorkommt.
Vor Kurzem hörte ich eine sehr inspirierende Predigt von Heidi Baker, in der sie davon berichtete, dass es eine Zeit gab, in der sie als Missionarin das Gefühl hatte, so viel wie möglich leiden zu müssen, um als „gute“ Missionarin zu gelten. Es war ein Vergleich in die andere Richtung: „Tut so viel Gutes wie du kannst und leide so viel wie möglich. Und dann erzähle es allen, damit sie sehen, was für ein guter und demütiger Christ du bist!“ Letztendlich geht es dabei immer um das Vergleichen.
Wie viel Gutes tun andere – wie viel tue ich? Wie oft treffen sie sich mit anderen Menschen – wie oft tue ich das? Wie viel Zeit investieren sie in Beziehungen und wie großzügig sind sie – wie sieht es bei mir aus? Wo kann ich mehr geben, mehr leisten, mehr…?
Ist es nicht interessant, wie wir Menschen immer wieder versuchen, unser (Da-) SEIN zu rechtfertigen und uns selbst zu beweihräuchern oder wichtig zu machen?

Wir haben gute Freunde, die genau das nicht tun. Sie tun uns immer wieder etwas Gutes. Sie laden uns ein oder beschenken uns, bitten uns aber, nicht darüber zu reden. Anderen nichts davon zu sagen. Das ist genau dieses Verhalten: Sie tun so viel Gutes wie möglich und möchten so wenig Gerede wie möglich darüber. Aber ein neues Learning ist für mich dadurch aufgeploppt. Ein neuer Spruch für einen Sprüchekalender: „Empfange so viel Gutes, wie du bekommst und mache dir so wenig Gedanken wie möglich darüber.“ Denn es ist wahrlich schwer zu empfangen, ohne etwas zurück geben zu wollen. Das beginnt schon bei der gängigen Geste, bei einer Einladung etwas mitzubringen: Wein oder Pralinen – irgendwas muss es doch sein. Schon im Kindergarten brachten die Freundinnen meiner Tochter immer eine Süßigkeit zum Teilen mit, wenn sie bei uns eingeladen waren. Es ist üblich und zieht sich so im Leben durch. Man bekommt und möchte sofort zurück geben. Eine Freundin kam letzte Woche spontan zu uns um unsere Tochter ins Bett zu bringen – mein Mann wollte mich schön zum Essen ausführen. Auf der Fahrt zum Restaurant fragte mein Mann mich: „Was könnten wir ihr als Dankeschön geben?“ – uns fiel nichts ein. Gar nichts. Wir waren ehrlich und sagten es ihr: „Wir wissen leider gar nicht, wie wir dir danken können. Womit können wir dir eine Freude machen?“ Sie schüttelt lachend den Kopf und sagt: „Ihr tut uns so viel so oft Gutes. Ich will überhaupt nichts. Ich hab das gerne gemacht.“ Und ich schäme mich. WIR tun ihnen was Gutes? Wann? Wie? Sie lächelt und sagt: „Du bist einfach da. Du betest für mich. Du hörst mir zu. Es ist so ein Segen euch als Freunde zu haben. Wirklich!“ Und ich schlucke und kann es nicht fassen.
Eine andere Freundin sagt mir immer wieder, dass es ihr so viel wert ist, dass ich ihr prophetische Eindrücke schicke, für sie bete, nachfrage oder unsere tiefen Gespräche, die leider viel zu selten stattfinden, ihr so viel geben. Das reicht also wirklich?!

Wann werden wir lernen, dass wir einfach SEIN dürfen und empfangen dürfen? Dass wir allein dadurch ein Segen sind und anderen eine Freude machen?
Tu so viel Gutes wie du kannst und mach so wenig Gerede wie möglich darüber!
Empfange so viel Gutes, was dir getan wird, und mache dir so wenig Gedanken wie möglich darüber!

Freudige Demut

Heute feiert die christliche Welt Ostern. Das Fest der Hoffnung. Das Fest der Auferstehung.
Es gibt meines Wissens keine Bemühungen, dieses Fest ausfallen zu lassen oder die Feiertage zu kürzen. Warum auch? Die Welt liebt es zu feiern! Je nachdem, wo man in Deutschland (oder auch in den anderen Ländern) hinfährt, trifft man immer wieder auf Gründe zu feiern: Das Weinfest – Wir feiern die Weinernte. Das Mandelblütenfest – wir feiern die Blüten am Mandelbaum. Das Mai-Fest – wir feiern die Fruchtbarkeit, der Feuerwehr-Hock – wir feiern…die Feuerwehr. Es gibt Gründe über Gründe, das Leben zu feiern und wenn es keinen Grund gibt, dann wird einer gefunden.
Aber wie ist es mit dem Thema „Mahnen und Erinnern“? Da gibt es dann wieder ein kleines Problem. Einen ruhigen Tag – ein Tag mit „Tanzverbot“? So was mögen wir dann doch lieber nicht. Wer will uns denn verbieten zu feiern, zu tanzen und die ernsten Themen zu vergessen?
Es gibt Vereine in Deutschland, die es sich zum Ziel gemacht haben, den Karfreitag – der meiner Meinung nach gleichwertig zu betrachten ist wie Ostern und Weihnachten – als Ruhetag abzuschaffen. Ostern feiern ja, an Karfreitag erinnern-nein. Warum ist das so?
Ich denke, weil bei beiden Festen nicht tiefer geschaut wird. Denn, sind wir mal ehrlich, die Allgemeinheit feiert Ostern, weil es eben ein FEIER-TAG ist. Der Witz ist aber: Er ist nur dann ein wirklicher Grund zu Freude, wenn ich den Karfreitag und das, was an DEM Tag passiert ist, ebenso in den Blick nehme und begreife!
Denn an Karfreitag geht es mehr als um eine historische Person, die ans Kreuz genagelt wurde (so wie es bei der Passion auf RTL vermittelt wurde). Der Jesus, der damals die Liebe und das Wesen Gottes verkündete, der „verkündigende“ Jesus, wurde zum VERKÜNDETEN. Weil Jesus wahrer Mensch UND wahrer Gott war, starb er am Kreuz und hatte die Macht, am dritten Tag wieder in diese Welt zurück zu kehren und deutlich zu machen: ER IST GOTT und ER tat alles, damit wir als Menschen, eine Hoffnung auf die Ewigkeit bei ihm haben. Das Problem ist: Für viele ist und bleibt Jesus eine historische Figur, die „vielleicht“ gelebt hat und eben gestorben ist. So, wie viele andere historische Figuren auch und so, wie JEDER Mensch einmal: Er ist gestorben. Das ist die Sichtweise und der Grund, warum der Karfreitag von einigen Menschen nicht mehr bedacht werden möchte. Es gibt keinen Bezug für sie. Es hat nichts mit ihnen zu tun. Interessanter Weise wird aber Ostern gefeiert – der Tag, an dem es eben nicht um einen historischen Menschen geht, sondern um GOTT selbst, der von den Toten auferstanden ist. Wie geht das zusammen?
Ostern ohne Karfreitag macht keinen Sinn!
Betrachten wir mal aus theologischer Sicht den Tod Jesu. Kurzgefasst war der Tod eines unschuldigen, jungen Tieres, wie zum Beispiel ein Lamm, notwendig, damit Gott Schuld und Verfehlungen vergibt. Das war nicht nur in der Kultur des Volkes Israels so – das war damals „normal“ und ist es auch heute noch in anderen Religionen: Opfer sind notwendig, um die Götter milde zu stimmen. Räucherstäbchen, Nahrungsmittel und Gelder werden in verschiedenen Religionen und Kulten an Opferstätten gebracht, in der Hoffnung, dass die Götzen/Ahnen/Toten Gnade mit den Menschen haben.
Was aber das Christentum unterscheidet von diesen Kulten ist: JESUS ist das einmalige und letzte Opfer gewesen, das notwendig war. Wäre er ein einfacher Mensch gewesen, wäre er vielleicht einfach gestorben und die Menschen hätten es glauben können oder nicht. Er hätte dann eben die Schuld der Menschheit und die Zielverfehlungen alle getragen, wäre gestorben und gut wäre es gewesen. Aber Gott ging weiter: Er ist GNÄDIG und gibt uns die Möglichkeit, nach dem Leben hier sogar eine Endlos-Party im Himmel zu feiern. Da ist keine Schlucht mehr zwischen uns und Gott. Es gibt eine Überwindung. Denn Jesus blieb nicht tot – wie es Menschen tun würden – sondern er zeigte durch seine Auferstehung, dass er wahrer Gott ist und ER das letzte Wort in Sachen Tod und Leben hat.

Der Tod MIT der Auferstehung ist die Brücke, die für uns geschaffen wurde. Die Brücke, die über den Fluss geht und uns den Weg zum Ufer der Ewigkeit ermöglicht. Was viele nicht verstehen: Diese Brücke kann nur mit der Identität „KIND GOTTES“ gegangen werden. Was bedeutet das?
In der Bibel steht es mehrmals, zum Beispiel in Römer 10,9-10 steht: „Denn wenn du mit deinem Mund bekennst: ‚Jesus ist der Herr!‘, und wenn du von ganzem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, dann wirst du gerettet werden. Wer also von Herzen glaubt, wird von Gott angenommen; und wer seinen Glauben auch bekennt, der findet Rettung.“

Und in Johannes 1,12: „Die ihn (Jesus) aber aufnahmen und an ihn glaubten, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden.“

Wenn wir also daran glauben und uns bewusst machen, dass dieser Jesus der menschgewordene Gott war, der uns Menschen klarmachen wollte, dass Gott uns liebt und dass er es gut mit uns meint; wenn wir verstehen, dass dieser Gott heilig ist und wir nur aus Gnade in seiner Gegenwart sein können und wenn wir begreifen, dass es in dieser Heiligkeit einen bestimmten Rahmen und Werte gibt, DANN haben wir einen wirklichen Grund zu feiern und einen wirklichen Grund, uns dessen an einem Karfreitag wieder bewusst zu machen. Das Erinnern und das Feiern sind verknüpft, so wie der Tod und das Leben. Erinnere ich mich und feiere ich mit diesem Hintergrund, hat die Verknüpfung von Tod und Leben für mich eine andere Deutung als für jemanden, der sich weder erinnern NOCH den wahren Grund feiern möchte.
Ich habe am Freitag einen schönen Neologismus in meinen Gedanken gefunden: FREUDIGE DEMUT. Wir dürfen ohne Opferhaltung und ohne Furcht den Karfreitag gedenken. Wir dürfen demütig sein, erkennen, dass wir unendlich geliebt sind von einem großen Gott. Wir dürfen daran denken, dass Jesus gequält und gefoltert wurde – obwohl wir es eigentlich verdient hätten. Aber wir dürfen eine freudige Demut haben- wir dürfen dabei Freude empfinden und mit einem Lächeln auf den Lippen und vielleicht Tränen in den Augen begreifen, was wir an diesem Wochenende wirklich feiern: Wir dürfen gedenken ohne Ablenkung und uns dann freuen und feiern! DAS ist Ostern!

Ich wünsche dir, dass du beides im Blick hast, damit für dich das Leben nach dem Tod beginnt und nicht dein Leben mit dem Tod endet.

Egal

Ich will nicht, dass du mir egal bist,

dass mir egal ist, was du tust oder machst,

ob du weinst oder lachst,

ob du gerade Schmerzen hast.

Ich will nicht, dass du mir egal bist!

Ich will nicht dass du mir egal bist,

weil mir nicht egal ist

wenn du mich ignorierst,

dich in deinen Lügen selbst verlierst,

weil mir nicht egal ist,

was du denkst über dich,

was du sagst über mich,

ob du glaubst oder nicht,

ob dein Herz zerbricht.

Aber weil meines noch ganz ist

und du noch mitten drin bist,

kann ich so nicht weiter gehn!

Ich kann dich einfach nicht verstehn.

Meine Worte kommen nicht mehr an,

ich weiß nicht, was ich noch machen kann,

ausser mich zu distanzieren,

damit ich mein Herz nicht verlier.

Ich will nicht wütend auf dich sein

Also lass ich dich allein,

Ich denk an dich in diesem Tal

Und merke: dir wirst mir egal

Weil Wut so viel schmerzreicher ist!

Du bist mir egal-

auch wenn ich nicht will, dass du es bist!

Segen oder Fluch?

Segen oder Fluch?

„Lasst keine verderblichen Reden aus eurem Mund kommen, sondern nur solche, die gut zum Aufbau sind, je nach Anlass, damit sie denen, die es hören, Gnade schenken.“ (Epheser 4,29)

Hast du schon mal abends für dich reflektiert, was du am Tag alles so von dir gegeben hast? Hast du dich abends schon mal rückblickend gefragt, wie und was du gesagt hast, über wen du wie gesprochen hast?

Ich tue das immer wieder und es hilft mir, eine Entscheidung, die ich vor Jahren getroffen habe, immer mehr zu leben: Ich möchte LEBEN sprechen- und nicht tot.
Ich selbst bin eine Person, die sich Worte und Formulierungen merkt. Ich habe es schon als Kind geliebt, Dinge auswendig zu lernen und trifft mich ein Filmzitat oder eine Aussage innerlich (positiv oder negativ), ist es wie eingebrandt in meinen Gedanken. Das hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil: Ich kann mich oft gut an Aussagen und Abmachungen erinnern. Der Nachteil: Ich kann mich auch gut an negative Aussagen und Worte erinnern. Dinge, die mir in einer Diskussion oder im Streit gesagt wurden, brennen sich tief in mir ein. Das hat wiederum zwei verschiedene Gründe:
Der erste: Die Person hat das Wort/die Formulierung genau so gesagt und in dem Moment auch gemeint, aber aus einem Schmerz oder Affekt heraus gehandelt. Der zweite: Die Person hat es genau so gesagt, aber ich habe dem Gesagten eine andere Bedeutung gegeben. Ein Beispiel: Ich fragte vor Jahren einmal meinen damaligen Pastor (der mir vorschwärmte, wo er meinen Mann in ein paar Jahren sehen würde): „Wo siehst du mich eigentlich? Was denkst du ist MEIN Platz?“
Der Pastor blies nachdenklich Luft zwischen die Lippen aus, schüttelte den Kopf leicht und sagte: „Puh, da kann ich jetzt eigentlich gar nichts zu sagen.“ Ich kämpfte mit den Tränen, schluckte und verließ den Raum. Jahrelang hatte ich das Denken: „Dieser Mann sieht mich überhaupt nicht. Er sieht kein Talent in mir, keine Begabung und hat offensichtlich ein Problem mit Frauen- denn bei meinem Mann und anderen ist es ja kein Problem, dass er ihr Potential und ‚den Platz‘ sieht!“
Dieses Denken passte damals zu meinem gesamten Denk-Konstrukt: Das klassische Opferdenken. „Ich kann nichts, ich bin nichts wert, alle anderen können es besser, ich muss kämpfen um mich zu beweisen, ich muss hart arbeiten, damit man mich sieht…“
Es stellte sich nach einigen Jahren heraus, was dieser Pastor wirklich gemeint hatte: „Desi, du konntest so viel. Du warst in fast jedem Bereich in der Kirche am mitwirken und es gab so viele Gaben und so viel Potential, dass ich einfach nicht wusste, wo dieser „EINE“ Platz für dich sein soll. Ich konnte dazu einfach nichts sagen, weil ich überfordert war mit deiner Motivation und deiner Gabe in so vielen Bereichen!
Puh. Eine riesen Last fiel von meinen Schultern. Ich seufzte und weinte – so viele Jahre waren ein Kampf, der nicht notwendig war. Hätte ich doch nur verstanden, wer ich war! Er hatte also etwas gesagt, aber ganz anders gemeint und ich hatte es verstanden, wie ich es in meinem Denken gewohnt war: „Für dich gibt es keinen Platz!“

Worte können also viel auslösen – aber WIR können entscheiden! Wir können entscheiden, WIE wir etwas verstehen wollen und wir können entscheiden, WIE wir etwas sagen.
Ich las vor Jahren mal den Satz: „Ich bin nur verantwortlich für das, was ich sage – nicht für das, was du verstehst!“ – was denkst du darüber?

Was ich in den letzten Jahren immer mehr gelernt und beobachtet habe: Nicht nur Worte, die wir einer Person DIREKT sagen, lösen etwas aus. Es sind vor allem die Worte, die gedacht oder über die Person ausgesprochen werden, wenn diese nicht da ist. Was denkst und redest du über die Person, wenn sie nicht im Raum ist? Ist es LEBEN oder TOD?
Bleibe ich bei dem Negativen der Person stehen und spreche sogar Dinge aus wie „Das wird sich nie ändern!“ oder stelle ich das Negative fest und beginne zu beten für die Person?
Ich bin seit Längerem dran, Gott um seine Sichtweise zu bitten. Wie sieht er die Person? Was steckt hinter dem Verhalten oder der Eigenart und vor allem: Was hat Gott in diese Person an Potential und Gutem von sich selbst hineingelegt?
Wenn diese Fragen gestellt werden, ist das eine große Hilfe, denn es wird Leben ausgesprochen.
Die Bibel spricht immer wieder davon, dass wir einander lieben sollen. Jesus fordert immer wieder dazu auf. In ersten Brief an die Korinther schreibt der Apostel Paulus über die göttliche Liebe. Er beschreibt sie unter anderem als geduldig, freundlich, nicht nachtragend. „Sie lässt das Böse nicht zu!“ Ich bin lange nicht an dem Punkt, an dem ich diese bedingungslose, göttliche Liebe für jeden Menschen empfinde. Aber es gibt Schritte, die man auf diesem Weg gehen kann.

Zum Beispiel: Nach dem Aufregen und dem Genervt sein über eine Person, einatmen, ausatmen und die Augen schließen: „Gott. Du liebst diese Person! Zeig mir, wie du sie siehst!“ Und plötzlich geschieht etwas: Du bekommst vielleicht Mitleid, weil du die Verletzungen und die Kämpfe der Person siehst. Du bekommst vielleicht Verständnis, vielleicht sogar Scham, weil du merkst, dass du es oft genauso machst oder gemacht hast. Oder du siehst vielleicht sogar die geistliche Welt um diese Person, siehst dunkle Wolken um sie oder Kämpfe. Und DANN bekommst du Liebe und Sanftmut. Du bekommst Geduld und Freundlichkeit. Und du beginnst leichter, für diese Person zu beten und sie zu segnen – das heißt GUTES über sie auszusprechen. „Ja, XY ist da schwierig – aber ich glaube, Gott hat da noch viel vor!
Es kann aber auch bewirken, dass du für dich merkst, dass du Abstand zu dieser Person benötigst. Vielleicht weil die Gegenwart etwas in dir auslöst oder du selbst zu alten Verhaltensmustern zurück kehrst, wenn du dieser Person gegenüberstehst. Das ist ok. Eine Freundin sagte mal: „Manchmal ist Distanz das größte Maß an Liebe, das man jemandem entgegenbringen kann.“ – Das fand ich sehr hilfreich. Denn während ich auf Distanz gehe, kann ich leichter für die Person beten und sie segnen.

Ich möchte dich ermutigen und bitten:

  • Denke über die Worte nach, die du über eine Person denkst und aussprichst. Egal ob vor oder hinter dem Rücken der Person.
  • Überprüfe, warum du so denkst und wo die Verletzungen und Impulse herkommen, wenn du verärgert bist. (Hast du alles richtig verstanden? Wo liegen die Wurzeln?)
  • Prüfe für dich, mit wem und mit wie vielen du darüber redest.
  • Prüfe, was deine Motivation dahinter ist, wenn du mit jemandem redest! Was wird das Gespräch bewirken bei dir, bei der anderen Person und im Umfeld?
  • Prüfe, ob du zuerst mit Gott darüber reden solltest, damit ER auch seine Sichtweise einbringen kann.
    Und bete für die Person.
  • Segne sie und sprich Gutes über sie aus – auch in der Unsichtbaren Welt.
    Und dann sei gespannt, was sich verändert!

    Bringen deine Worte und Gedanken über eine Person SEGEN oder FLUCH? LEBEN oder TOT?

Danke, Papa

Danke, Papa

Die Woche war voll. Etwas zu voll. Das bemerkte ich nicht nur gestern, als mein Körper mir anzeigte, dass er nun auch noch dringend Ruhe brauchte – ich bemerkte es heute morgen, als ich in die Küche kam und einen leeren Brotkorb vorfand. Außer Müsli, das ich diese Woche täglich hatte, gab es nichts, was ich frühstücken konnte. Keine Zeit gehabt zum Einkaufen. Es hatte gerade bis gestern gereicht. Ein kleiner Geistesblitz kam mir: Mein Mann hatte gerade erst das Haus verlassen, um in den Nachbarort zu fahren. Vielleicht käme er ja nochmal kurz Zuhause vorbei, bevor er ins Büro fährt? Ich rief an. „Guten Morgen mein Schatz!“ tönte eine gewohnt fröhliche Stimme aus dem Handy. „Möchtest du was frühstücken? Was kann ich dir bringen?“ Ich atmete durch und schmunzelte. Er ist einfach der Beste! Ich musste nichts sagen, denn er wusste genau, worüber ich mich freuen würde. „Ein süßes Gebäck, einen Smoothie und noch ein paar Früchte?“ Genau das.
Keine zehn Minuten später kam er herein. Eine Tüte mit Gebäck in der Hand, einen Smoothie und sogar noch eine Packung mit Schokoriegeln, die ich sehr mag. Ein „Ich liebe dich!“ und ein „Mach langsam heute. Ruh dich aus. Die Wohnung muss nicht perfekt aussehen!“ mit einem Kuss auf die Stirn und dann musste er wieder los.
Ich setzte mich gemütlich an den Tisch: Der Livestream vom Gebetshaus Augsburg lief und beruhigte meine Seele, der dampfende Tee wärmte mein Inneres und das, was ich plötzlich sah, wärmte mein Herz und meinen Geist: Vor mir stand die Smoothie-Flasche. Es war keine kleine Plastik-Flasche mit 30ml Smoothie. Es war eine große Flasche einer Marke, die nicht die günstigste ist. Mein Mann hatte also mal wieder nicht einfach „irgendeinen“ Smoothie für mich gekauft: Er hat den BESTEN gekauft und nicht gespart um mir eine Freude zu machen.
Die Firma, die diese Smoothies herstellt, ist sehr kreativ was die Gestaltung und Nutzung der Flaschen angeht UND dazu noch schmeckt mir diese Sorte Smoothie besonders gut. Auf der Flasche stand heute dick und fett: „DANKE, PAPA!“ Ich schmunzelte und flüsterte „Ja, DANKA PAPA!“. Denn mir wurde wieder einmal etwas bewusst: Ich habe nicht nur den (für mich) besten Mann der Welt. Ich habe einen Mann, durch den mir immer wieder klar wird, wie Gott ist. Nicht, dass mein Mann genau wie Gott ist, aber er ist so nah an Gottes Herz, dass die Liebe Gottes in ihm und durch ihn sichtbar wird. Und deshalb wurde mir wieder bewusst, wie sehr Gott liebt. Denn ER ist genau so: Er gibt nicht einfach irgendwas. Wenn er uns eine Freude machen möchte, gibt er das Beste. Er gibt uns das, was wir brauchen -auch wenn es manchmal nicht das ist, was wir wollen oder uns wünschen. Und doch gibt es immer wieder diese Situationen und Momente, in denen er uns einfach eine Freude machen möchte und uns noch ein Leckerlie dazu gibt – wie die Schokoriegel bei mir. Und wieder nehme ich mir vor, auch aus Liebe das Beste zu geben. Es ist mein Wert. Es ist meine Überzeugung und mein Leben, dass ich das BESTE geben möchte. Nicht, weil ich es MUSS, sondern weil ich aus der Liebe zu Gott heraus nichts zurück halten möchte. Ich möchte IHN lieben und die Menschen lieben, die ER liebt. Und dafür möchte ich das Beste geben in meinen Gaben, meinen Ressourcen, meiner Zeit und meinem Geld. Gott hat alles gegeben, warum sollte ich etwas zurück halten?
„Gott hat sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle dem Tod ausgeliefert. Sollte er uns da noch etwas vorenthalten?“ (Die Bibel. Römer 8,32)

Das Problem ist, dass man immer von beiden Seiten des Pferdes fallen kann: Manchmal denkt man „Es reicht doch!“ und man gibt das „Nötigste“. Das ist schade. Aber manchmal denkt man auch: das BESTE = PERFEKTION. Das ist falsch!
In der Bibel gibt es diese Geschichte von einer Witwe, die von den Jüngern beobachtet wird, wie sie einen kleinen Groschen in den Opferkasten des Tempels wirft. Man könnte es vergleichen mit jemandem, der am Sonntag 5 cent in die Kollekte schmeißt. Die Jünger sind empört und beschweren sich bei Jesus. Jesus aber weiß um diese Frau und er weiß, dass diese paar Groschen ein Großteil dessen ist, was die Frau besitzt. Er sagt zu den Jüngern: „Sie gibt mehr als viele andere hier. Nehmt euch ein Beispiel!“
Sie war großzügiger und vertraute Gott alles an. Sie hätte sagen können: „Ich muss doch irgendwie selbst klar kommen. Ich kann es mir nicht leisten, jetzt noch Geld in den Opferkasten zu schmeißen. Ich bin selbst ein Opfer!“. Aber das tat sie nicht. Sie hielt nicht zurück und war sich nicht zu schade, das wenige zu geben, das sie hatte. Sie hätte ja auch sagen können: „Das bringt eh nix. Es ist es nicht wert. Es ist nicht so viel. Da brauche ich gar nicht erst anfangen! Andere können mehr geben – ich mache mich ja lächerlich!“ Nein. Sie gab, was sie hatte im Vertrauen darauf, dass Gott es wertschätzt.

Wo stehst du? Gibst du weniger als du könntest an Zeit, Gaben oder Ausdruck von Liebe (auf welche Art auch immer) oder gibt du gar nichts, weil du meinst, du hättest nichts? Oder gehst du sogar über deine Grenzen hinaus aus einem Druck oder einem Zwang, den Gott sich gar nicht wünscht? Gibst du zu viel deiner Kraft aus einem TUN heraus, anstatt langsamer zu machen und dich einfach auszuruhen, Zeit im Sessel mit einem Tee zu verbringen und Gott einfach mal dein Herz auszuschütten?
Denn Jesus sagte noch mehr: Er sagte: „Ich will euch die Last abnehmen„. Wir dürfen also auch diese geben. Nicht nur das „GUTE“ sondern auch unsere Sorgen, Lasten, Ängste, Frustrationen, Schmerzen, Verletzungen….
Ich möchte auch hier wieder Großzügig sein – aus Liebe zu Gott, aus Liebe zu den Menschen und aus Liebe zu mir!

Die Beerdigung eines Traums – oder: Die Geburt einer neuen Vision

Die Beerdigung eines Traums – oder: Die Geburt einer neuen Vision

Ein bewegendes Wochenende und vor allem bewegende Wochen liegen hinter mir: Wir hatten Ladies Lounge- die Frauenkonferenz unserer Kirche- und ich durfte mit einem Team von genialen Frauen in Salzburg eine Location gestalten und hosten.
Das Thema: „Rooted in the garden“ – Verwurzelt im Garten.
Es ging um das geistliche Verwurzelt sein in Gottes Gegenwart. Viele Gedanken wurden angeregt – durch die Predigten der Pastorinnen im ICF Zürich aber auch durch die Vorbereitung meiner eigenen Inputs und der gesamten Veranstaltung.
Worin bin ich verwurzelt?
Was ist die Wahrheit in meinem Leben?
Welche Lügen glaube ich über mich selbst und wie kann ich die Stimme Gottes von allen anderen unterscheiden lernen?
Wie sieht mein Leben aus und nach was „schmeckt“ das, was ich ausspreche und denke? Ist es etwas leben-spendenes oder etwas, was nach „Tod“ – also negativ schmeckt?

Diese Fragen galt es für mich in den letzten Tagen und Wochen zu verarbeiten und ich bin noch lange nicht fertig damit.
Heute verbrachte ich einige Stunden im Wald und im Garten, um über all das nachzudenken.
Und da passierte etwas Unvorhergesehenes… Dazu ist eine kleine Rückblende notwendig:
Im Sommer bekamen wir während unseres Urlaubs ein Foto von unserem Vermieter geschickt, auf dem ein Brief in unseren Briefkasten geworfen wird. Danach das nächste Foto mit dem Inhalt dieses Briefes: Die schriftliche Kündigung unserer Wohnung wegen Eigenbedarf. Nachdem der erste Shock einigermaßen verdaut war und ich aus einigen Tagen depressiver Stimmung wieder zurück ans Licht kam, suchten wir sofort nach unserer Rückkehr aus dem Urlaub Wohnungen im Umkreis. Keine leichte Sache derzeit. Wir haben dann schließlich eine wunderschöne Wohnung gefunden und ich freue mich auch schon sehr auf unser neues Zuhause ab 2024. Obwohl es einen kleinen Wehmutstropfen gibt: Es gibt keinen Garten.
Bisher dachte ich, dass das völlig OK für mich ist – bis ich heute zum Reflektieren des letzten Wochenendes in unseren Garten ging…

Ich stand vor meinem Hochbeet, das mein Schwiegervater mir erst diesen Sommer aufgebaut hatte – ein Weihnachts-/Geburtstagsgeschenk, das ich mir gewünscht hatte. Ich war in diesem Jahr wortwörtlich aufgeblüht, was das Gärtnern anging. Aus dem ungepflegten, mit Efeu-überragten Gartenstück hatten mein Mann und ich in den letzten Jahren den Anfang unseres kleinen Paradieses geschaffen: Aus der Ecke, in der jahrelang der Kompost einfach ohne Belüftung hingeschmissen wurde, hatten wir eine schöne, mit Kiesbedeckte Gartenlounge geschaffen. Der mit Steinen übersäte Boden wurde bepflanzt und es wuchsen nun wunderschöne Hortensien, Farne, Funkien und kleine Büsche. Wir hatten in diesem Sommer eine der schönsten Wiesen mit einer Vielfalt an Wildkräutern, Bienenweiden, Blumen und Sträuchern am Rand. Im Hochbeet und in den Töpfen hatte ich Blumenkohl, Tomaten, Auberginen, Gurken und vieles mehr. Jeden Abend spazierte ich durch den Garten und betrachtete alles und freute mich daran. Die ganze Arbeit hatte sich gelohnt und wenn ich meinen freien Tag hatte, legte ich mich in die Hängematte unter den Apfelbaum und schaute den Blättern im Wind zu. Idyllisch -nicht wahr?
Und nun…stand ich mit der Schubkarre auf der abgemähten Wiese, brachte die Pflanzen zum angelegten Kompost, sortierte Blumentöpfe aus und ordnete die Gartengeräte, um diese zu verschenken und zu verkaufen. Ich begann zu weinen. Es tat weh.
Als ich die Schubkarre mit den Pflanzen in den Kompost leerte, fühlte es sich wie eine Beerdigung an. Ich befand mich mitten in einem Trauerprozess.
Die neue Wohnung hat eine Veranda – keinen Platz für ein Hochbeet oder eine Vielzahl von großen Pflanzen. Keine Blumenwiese, an der ich mich freuen kann – kein Platz für die schönen Gartenmöbel, die wir uns vom Urlaubsbudget abgezwackt hatten.
„Alles umsonst!“ hörte ich mich leise sagen. „Die ganze Arbeit umsonst!“ und ich dachte: „Gott, das ist so gemein. Ich wollte so lange einen Garten und jetzt muss ich ihn wieder hergeben!“ Ich dachte sogar darüber nach, alle Blumenzwiebeln und Farne und Funkien, die ich in den letzten Jahren gepflanzt hatte, rauszunehmen. Egal ob ich selbst keinen Platz dafür hatte -hauptsache der Nachmieter hat keine Freude daran… und während ich mich dabei ertappte das zu denken, hörte ich, wie eine innere Stimme sagen: „Desirée, nach was schmeckt dieser Gedanke? Ist er liebevoll? Bringt er Leben oder Zorn?“ Und ich musste schlucken.
War wirklich alles umsonst? Hatte ich nicht von dieser Saat schon längst geerntet? Hatte ich nicht den leckeren Gurkensalat genossen, mich an den Tomaten gefreut? Hatte ich nicht viele schöne Tage, in denen ich am Abend voller Freude auf der Wiese lag und dankbar dafür war? Was hatte ich mir denn mehr erhofft? Wie kam ich dazu zu sagen, dass „alles UMSONST“ war? Wofür hatte ich den Garten denn angelegt? Und ich spürte, dass es nicht umsonst war. Es hatte sich gelohnt. Alles. Jeder Handgriff. Denn ich hatte jeden Abend, an dem ich mich an diesem Garten freute, meine Begegnung mit Gott. Ich hatte in jeder Sekunde, in der ich in diesem Garten war, eine Vision. Ich säte und sah schon die Pflanze, die ich daraus wachsen sehen wollte. Ich freute mich schon beim Einpflanzen an den Früchten, die noch daraus wachsen würden. Wir hatten tolle Tage in diesem Garten, eine Tochter, die sich freute, darin herumzurennen, Kinder, die dort feierten, Männer, die mit der Smallgroup Spikeball spielten und Freundinnen, die mit mir in lauten Sommerabenden dort saßen und erzählten. Und nun bin ich dankbar für diese Zeit. Ich schaue dankbar zurück – anstatt traurig nach vorne. Dieser Garten war für diese gewisse Zeit richtig und gut. Und nun ist etwas Neues dran. Ich werde die Früchte selbst nicht mehr ernten können- aber die Menschen, die nach uns hier einziehen, werden sich daran freuen können.

So ist das im Leben – jede Begegnung, jede Beziehung ist ein Investment. Wir wissen nicht, für wie lange – aber es wird Spuren hinterlassen – wenn wir es zulassen. Wenn wir nicht an uns selbst denken, sondern dankbar sind für das, was war und vertrauen, dass Gott einen Plan hat und hatte.
Und nun? Hole ich mir mein Zeichenpapier und zeichne meine Vision von unserer Veranda auf. Es wird kleiner. Es wird anders. Aber es wird gut und ich werde mich daran freuen! Für wie lange weiß ich nicht, aber jetzt ist die Zeit! Das, was die „Beerdigung meines Traums vom Garten“ war, wird nun zur Geburt einer neuen Vision!

Der Wert einer „Zweierschaft“

Der Wert einer „Zweierschaft“

Gerade habe ich mein Gespräch mit einer lieben Freundin beendet und lächle.
Ich bin begeistert zu sehen, welche tiefen Themen man in einem 1,5 Stunden langen Gespräch miteinander bereden kann und vor allem, was da so alles ans Tageslicht kommt. Vor allem aber begeistert es mich zu sehen, wie viel sich in den letzten Jahren bei uns geändert hat. Wie viele Berge wir schon im bildlichen Sinne erklommen haben, welche Täler durchquert und welche Hürden gemeistert.
Vor 2,5 Jahren haben wir damit begonnen, uns im Zweiwochen-Rhythmus zu treffen. Meist im Worldwide-Web über Video-Call (Ein Überbleibsel der Corona-Zeit), manchmal aber auch Live.
Angefangen hatte es eigentlich damit, dass ich die Leitung eines Bereichs übertragen bekommen hatte, in dem sie ein Team leitet. Wir beschlossen, uns regelmäßig zu treffen um neue Strategien zu entwickeln. Schnell merkten wir, dass es für uns aber wichtig ist, vor allem Gott und SEINE Ideen mit einzubeziehen. Also beteten wir gemeinsam vor unserer Ideen-Schlacht. Dann kam uns die Idee, gemeinsam an einer Online-Schulung teilzunehmen, die zwar für unseren Bereich in der Kirche wichtig sein könnte, gleichzeitig aber vor allem für uns selbst zu Durchbrüchen führte. Eine tiefe Freundschaft entwickelte sich. Und aus zwei Frauen, die Angst vor Enttäuschung in einer Freundschaft hatten, befürchteten, dass sie Erwartungen nicht erfüllen könnten und die in vielen Bereichen unsicher waren, wurden zwei Freundinnen, die keine Scheu mehr hatten, ihre Schwächen anzusprechen, Tränen fließen zu lassen und gemeinsam Gottes Nähe zu suchen.
Ich lächle, weil ich sehe und es feiere, welche Schritte wir in den letzten 2,5 Jahren gegangen sind. Wie wir gewachsen sind. Wir wir uns zum Positiven verändert haben.
Und wir wissen beide, dass es nur möglich war, weil wir uns beide aufeinander eingelassen haben. Und weil wir klar kommuniziert haben – von Anfang an.

Eine meiner ersten Fragen an sie war: „Was brauchst du von mir, dass die Zusammenarbeit gut funktioniert?“ Und sie sagte mir ehrlich, was ihr wichtig war. Auf der anderen Seite sagte ich ihr, was ich brauchte und ich sah von Anfang an, wie sehr sie es sich zu Herzen nahm und meinen Wunsch umsetzte.
Wir machten einen klaren Rhythmus miteinander aus und beredeten, was möglich war und was nicht. Wöchentlich war zu viel und unrealistisch, einmal pro Monat war zu selten. 14-Tägig sollte es sein. Wir klärten unsere Grenzen: Ich lernte zu erkennen, wann ich ihr den Rückzug zugestehen musste um erst selbst nachzudenken und Dinge sacken zu lassen- sie lernte wiederum, dass ich ihr aus LIEBE in den Hintern trete und es IMMER gut mit ihr meine.
Wir waren auch ehrlich miteinander, als wir in diesem Jahr versuchten, unsere regelmäßigen Treffen nur noch sporadisch abzuhalten. Zwei Monate, nachdem wir uns nicht mehr getroffen hatten, hakten wir nach. Ich merkte eine Veränderung und machte mir Sorgen. Also redeten wir: Seitdem treffen wir uns wieder im alten Rhythmus. Warum? Weil wir uns selbst gerne hintergehen. Wir haben erkannt: ALLEIN gehe ich bestimmte Themen nicht an. ALLEIN rede ich mir selbst ein, dass alles OK ist. ALLEIN traue ich mich nicht, tiefer zu blicken, weil ich mich schäme und mich selbst verurteile.
Aber GEMEINSAM halten wir unsere Vereinbarung. GEMEINSAM lassen wir es zu, wenn der andere nach dem Gebet plötzlich bei einem Thema hängen bleibt und nachbohrt. GEMEINSAM gehen wir ins Gebet und bringen Dinge vor Gottes Thron um sie dann dort zu lassen und gegen neue Freiheit einzutauschen.
GEMEINSAM ist es leichter, einen Weg zu gehen, der steinig ist.

Wie man Eisen durch Eisen schleift, so schleift ein Mensch den Charakter eines anderen.“ (Sprüche 27,17)

„Zwei haben es besser als einer allein, denn zusammen können sie mehr erreichen. Stürzt einer von ihnen, dann hilft der andere ihm wieder auf die Beine. Doch wie schlecht steht es um den, der allein ist, wenn er hinfällt! Niemand ist da, der ihm wieder aufhilft! Wenn zwei in der Kälte zusammenliegen, wärmt einer den anderen, doch wie soll einer allein warm werden? Einer kann leicht überwältigt werden, doch zwei sind dem Angriff gewachsen. Man sagt ja auch: ‚Ein Seil aus drei Schnüren reißt nicht so schnell!‘“ (Prediger 4,9-12)

Bist du jemand, der sich lieber zurück zieht um bestimmte Themen nicht anzuschauen?
Bist du enttäuscht von Freundschaften oder Menschen und scheust dich deshalb davor, dich zu öffnen?

Ich möchte dich heute ermutigen: Auch ich war von Freundschaften enttäuscht. Ich hatte zudem irgendwann den Glauben entwickelt, dass ICH ALLE Menschen nur enttäusche und verletze. Dass ich keine gute Freundin bin. Dass ich mich besser zurückziehen sollte um andere vor mir zu schützen. Ich war sogar zutiefst davon überzeugt, dass ich nicht relevant bin.
Und dann…gab es einige Monate, in denen ich Gott bat, mir Menschen an die Seite zu stellen, dir mir helfen würden zu wachsen und zu heilen. Ich kam bei dem Gebet dafür an einem Apfelbaum vorbei, der prall gefüllt war mit Äpfeln und ich hörte wie eine innere Stimme sagen: „Desirée, du wirst wieder neu aufblühen und Früchte bringen. Ich werde deine Wurzeln bearbeiten!“ Und das tat Gott. Zuerst bekam ich wieder Kontakt zu einer alten Freundin, die mir in den Monaten des Rückzugs zu einer Mentorin und Begleiterin wurde. Sie tat genau das, was ich heute mit meiner Freundin getan hatte: Sie telefonierte mit mir in regelmäßigen Abständen. Betete für mich und mit mir. Hakte nach. Ermutigte mich und half mir, alte Wunden anzuschauen und heilen zu lassen. Immer mit Gott an der Seite. So konnte ich heilen und wachsen und so war ich bereit, eine neue Aufgabe zu übernehmen, die wiederum dazu führte, dass eine Mitarbeiterin zu einer Vertrauten und Freundin wurde, mit der ich nun das Prinzip der Zweierschaft lebe. Ich darf sie begleiten und sie ermutigen, für sie beten und mit ihr beten. Ich wachse dadurch, heile dadurch und erlebe Erneuerung im Bereich Freundschaft. Und sie? Sie kann es weitergeben – so wie ich auch.

Also: Vielleicht ist es auch für dich dran, über deine Wunden und Enttäuschungen nachzudenken und mit Gott ins Gespräch zu gehen.
Bitte ihn darum, dir jemanden an die Seite zu stellen, der diese Schritte schon gegangen ist und bereit ist, den Weg mit dir zu gehen.
Und dann? Wenn du dir sicher bist und spürst, dass diese Person dir wirklich dabei helfen kann, dann sei mutig und lasse dich darauf ein. Bitte Gott, dir dabei zu helfen und dich zu leiten.


Denn es ist besser, Wege nicht allein zu gehen!

Mama-Sein – ein (Fulltime) JOB?

Mama-Sein – ein (Fulltime) JOB?

Kennst du den Satz „Mama-Sein ist ein Fulltime job!“?
Dieser Satz hat viel in mir ausgelöst.
Also setzte ich mich hin und versuchte, das, was in mir passierte zu ordnen!

Also:
Das Wort „JOB“ hat mich in diesem Kontext am meisten irritiert.
Was ist ein Job?
– Ein Job ist für mich eine Aufgabe, die ich tue, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
oder es ist etwas, was mir aufgetragen wird.
– Ich KANN dafür eine Leidenschaft haben, muss es aber nicht zwingend.
– Ein JOB muss getan werden, weil es bestimmte Rahmenbedingungen und Abmachungen gibt, die diesen Auftrag klar definieren.
– Es ist etwas, wofür man eine Entlohnung bekommt – meist in Form von Geld.

Tatsächlich kann ich mich selten erinnern, dass jemand, der aus Leidenschaft und mit Liebe etwas tut, sagt: „Das ist mein Job“– meist ist es genau dann der Fall, dass jemand sagt: „Das ist nicht einfach nur mein Job! Ich LIEBE, was ich tue!“ oder „Das ist mein Leben!“. Das sind meist Menschen, die eine „Extrameile“ gehen – mehr tun als von ihnen erwartet wird, mehr geben, als der Arbeitsvertrag offiziell möchte. Weil Liebe und Erfüllung dahinter steckt. Daher habe ich den Eindruck, dass „JOB“ meist dem entgegengesetzt wird, was man aus Leidenschaft oder Liebe tut.

„Das ist halt mein Job!“ höre ich hingegen eher dann, wenn man etwas tun muss, was nicht unbedingt geliebt wird – aber eben verlangt wird. (Sonst würde man eher sagen: „Ach, das mach ich doch gern!“)


Wenn ich an die ersten Mama-Jahre zurückdenke, erinnere ich mich tatsächlich an Zeiten, in denen ich völlig müde und fertig war. An Zeiten, in denen ich nicht mehr wusste, was mir guttut. Einmal sagte ich sogar, dass ich mich wie eine Melkmaschine fühlte. Ich hatte keinen Bezug mehr zu meinem Körper -er war einfach nur da um zu funktionieren und das Kind zu stillen.
Tatsächlich hatte ich eine Identitätskrise und wusste nicht mehr, wer oder was ich bin. Und JA: Es ist gibt diese Phasen, in denen Kinder uns intensiver brauchen und man den Tagesplan und alles andere nur noch nach den Kindern richten kann. Und Ja: Man kann sich darin verlieren.
Aber würde ich das Mama-sein mit einem Job vergleichen? Etwas, das halt getan werden MUSS, damit man über die Runden kommt?

Vor kurzem las ich den Satz „Mama-Sein ist dein Job – nicht deine Identität!
Auch dieser Satz hat mich mehr als aufgewühlt!
Ich stimme zu, dass ich meine gesamte Identität nicht NUR am Mama-Sein festmachen sollte. Aber ist es nicht ein Teil meiner Identität, wenn ich Mama werde? Es prägt mich. Es verändert mich. Es bringt Baustellen hervor und ich glaube auch, dass es Heilung hervorbringen kann, Mama zu sein. Ich habe den Glauben, dass Gott schon wusste, was in meinem Leben auf mich zu kommt und ob ich Mama werde oder nicht, noch bevor ich das Licht der Welt erblickte. Daher bin ich überzeugt, dass er, als er mich schuf, bereits einen Teil des MAMASEINS in mich hineingelegt hat. Ich habe alles, was ich benötige, in mich hineingelegt bekommen – daher ist es, so glaube ich, Teil meiner Identität.
UND Mama-sein sollte kein JOB sein. Kinder sind kein Job, den man „erledigt“, abschließt und dann abends ins Bett geht. Mein Mama-Sein hört nicht auf, wenn das Kind außer Sichtweite ist und es endet auch nicht, wenn ich ins Bett gehe. Wenn ich ein Kind habe, BIN ich Mama. Es wurde mir nicht aufgebunden (zumindest manchen nicht). Es war in meinem Fall mein Wunsch und meine Entscheidung und sie gilt für den Rest meines Lebens!


Ist es nicht auch eine Entscheidung der Sichtweise?

Ich glaube ja! Ich glaube, dass es eine Frage der Perspektive ist, wie ich mein Mama-sein definiere und lebe:
Ich kann den Fokus setzen auf:
„Als Mama muss ich rund um die Uhr da sein. Ich muss kochen, waschen, putzen und niemand dankt es mir. Es dreht sich alles nur ums Kind und ich habe keine Zeit mehr für mich selbst!“
oder ich kann sagen:
„ICH darf prägen, ich darf investieren und ich wachse selbst dadurch. Und durch mein Prägen und Investieren helfe ich einer Persönlichkeit zu wachsen und Teil dieses Lebens zu sein.“

Ich liebe es, andere Menschen zu begleiten. Für sie zu beten. Ich liebe es, wenn ich durch meine Gedanken inspiriere oder weiterhelfen kann. Ich freue mich darüber, wenn ich sehe, dass jemand durch mich ermutigt wird und neue Schritte wagt…ich liebe es, wenn Heilung passiert und wenn Visionen Realität werden…. Ich dachte daher lange darüber nach, eine Zusatzausbildung zu machen, damit ich „professionell“ (neben dem Pastorensein) diese Dinge tun kann und damit mein Geld verdienen kann… Aber mir wurde vor ein paar Monaten bewusst: Es ist meine Leidenschaft und die ist unabhängig von meinem Job da. Und diese Leidenschaft kann ich ausleben in meinem Leben. Ich habe die Leidenschaft dafür und auch durchs Studium und durch das Leben einige Kompetenzen erworben und ich kann und darf sie ohne finanzielle Entlohnung einbringen – als Pastorin aber auch als Freundin und vor allem als Mama!

Ich möchte sehen, dass meine Tochter wächst, selbstsicher wird, sich mir anvertraut und ich sie begleiten kann. Ich möchte ihre Mama sein: Freundin, Coach, Mentorin, Seelsorgerin, Erzieherin, Lehrerin, Versorgerin, Trösterin, Ermahnerin….und so vieles mehr! Und das bin ICH-weil es in mir steckt und nicht, weil es verlangt oder entlohnt wird.

Ich bin sicher: Du darfst und kannst JEDE Leidenschaft, die du hast, in deinem Mama-sein einbringen und vielleicht mit dieser Sichtweise dein Mama-Sein neu schätzen und genießen.

Das gilt übrigens auch dann, wenn du keine Mama bist! Schaue auf das, was du tust, nicht mit dem Blick es tun zu MÜSSEN, sondern schaue das große Bild und und wecke die neue Leidenschaft in dir.


Ein Gedanke: Würde ich meine Beziehung zu meinem Mann – meine Ehe, auch als JOB bezeichnen? Es war genauso meine Entscheidung und es gehört dazu, dass ich diese Ehe pflege.
Meine Freundschaften sind Beziehungen, zu denen ich mich entscheide. Es gehört dazu, dass ich diese Freundschafen pflege. Würde ich es als JOB bezeichnen, dass ich Freundin bin? Ist „Ehefrau-Sein ein JOB? Warum dann Mama-Sein?

Ich wünsche mir, dass meine Tochter sich niemals als Arbeitsauftrag fühlt. Sondern als Geschenk! Als Wunschkind und als Segen!
So, wie ich mir es gewünscht habe, dass meine Eltern mich nicht als 24/7 Job ansehen. Sondern als Teil ihres Lebens. Ein Teil über den sie sich freuen. Ich möchte, dass sie stolz auf mich und auf sich selbst sind, wenn sie sehen, was durch ihre Liebe entstanden ist.

Wie gesagt: Mama-sein kann anstrengend sein – aber ich bin tief davon überzeugt, dass ALLES zu einer Leidenschaft werden kann, wenn man das große Bild dahinter sieht und eine Leidenschaft für das Große hat. Ich wünsche mir, dass meine Leidenschaft für Jesus, für Menschen und für Kirche nicht aufhört, wenn ich nicht mehr als Pastorin angestellt bin. Und ich wünsche mir, dass ich aus Leidenschaft und dankbar Mama bin und das nie aufhört – egal, ob mein Kind Säugling ist und mein Tages- und Nachtrhythmus komplett abnormal ist – oder ob meine Tochter ihr eigenes Kind nachhause bringt.

Ich möchte dich, als Mama, daher heute ermutigen:
Wenn dein Alltag derzeit belastend ist, wenn du kaum schläfst, wenig Zeit für dich hast: Schau dir dein Kind an. Schau es beim Schlafen an und bitte Gott, dir Gelassenheit und Ruhe zu schenken. Und vor allem seinen Blick für dein Kind und für dich!
Denn auch DU bist kein Job Gottes. Du bist geliebt und seine größte Leidenschaft! Gott hat nichts davon. Er verdient nichts dafür, dass er rund um die Uhr für dich da ist, dich geschaffen hat und sogar alles für dich gegeben hat. Er bekommt davon nichts. Aber er freut sich über dich und darüber, wenn du Beziehung mit ihm lebst und Zeit mit ihm verbringst!

MAMA-SEIN bedeutet: Mama SEIN und nicht MAMA-MUSS oder MAMA-JOB:) Du darfst SEIN, weil du Mama BIST:)

Und wenn du keine Mama bist: Prüfe dein Herz bei dem, was du tust. Egal ob Studium, Hobby, Ehrenamt oder Arbeitsstelle. Hole die Leidenschaft wieder hervor und schaue auf das Große Bild! DU machst SINN. Es ist gut, dass es dich gibt und dich in diesem Leben einbringst. Egal ob mit oder ohne Entlohnung. SEI DU und lebe, präge, wachse, verändere und hab Freude daran – in allen Hochs und Tiefs, weil DU sein darfst und einen Unterschied machst!

Identität als (Nicht-)Mutter

Ich habe gerade auf dem Herzen, diese Message mit euch zu teilen.
Ich habe schon mal darüber geschrieben, aber irgendwie drängt es mich gerade, noch einmal dieses Thema zu teilen.
Vielleicht ist jemand da, der es heute hören soll.
Ich hielt diese Predigt am Mutter-Tag. Ein Tag, an dem die Mamas, die Mama sind, geehrt werden für alles, was sie tun und sind. Es ist aber auch der Tag, der für die, die keine Mutter sind, obwohl sie es gerne wären, schmerzhaft sein kann.

Als wir am Muttertag einmal alle Mamas in der Kirche ehren wollten, wurde ich von einer jungen Frau angesprochen. Sie hatte einen unerfüllten Kinderwunsch und erwähnte, dass sie es wichtig fänd, am Muttertag vor allem an die zu denken, die nicht Mutter sind. Das fand ich schwierig – obwohl ich selbst auch diese Frauen im Blick habe und weiß, wie sich das anfühlt und wie schmerzhaft es an diesem Tag ist: Bedeutet es, dass man dann die, die Mutter sind und sich aufopfern und die sich über ein Danke freuen rausnehmen soll? Darf man Muttertag nicht mehr feiern aus Rücksicht der anderen gegenüber? Sollten sich Mütter gar schlecht fühlen müssen, weil es unter uns auch welche gibt, die trauern?
Mich hat das sehr beschäftigt.
Ich versuche immer das Große Bild zu sehen- Menschen wahrzunehmen und zu ermutigen, die sonst übersehen werden. Aber ich bin kein Fan davon, aus Rücksicht dann niemanden mehr zu ehren oder zu danken. Denn es ist die Wahrheit: Es wird IMMER jemanden geben, der sich nicht wahrgenommen fühlt. Irgendwer ist immer ausgeschlossen. Irgendjemand wird immer verletzt sein. Das ist bei allem so. Auch wenn ich das nicht möchte – ich kann es nicht verhindern.
Und weil es mich so beschäftigt hat, habe ich darüber nachgedacht und mit Gott gerungen. Was steckt dahinter? Was steckt hinter dem Gefühl, nicht gesehen zu werden und sich verletzt zu fühlen, wenn man „Mamas“ ehrt? Was ist mit denen, die gerne Mama wären und es nicht sind? Gibt es da mehr im Leben?
Ich habe in mich hineingeschaut. In meine Gefühle und Verletzungen bei diesem Thema, als ich lange einen unerfüllten Kinderwunsch hatte, bis Gott aus heiterem Himmel ein Wunder tat. Heraus kam diese Predigt.

Vielleicht spricht es dich ja an. Wenn nicht – lass es einfach stehen:)

MUTTER-TAG PREDIGT

Leben vs. Hochsensibilität?

Als ich ein Teenager war, war ich ständig unterwegs: Auf Freizeiten, Jugendtagen, Jugendwochenenden, Veranstaltungen und Events. Ich wollte Menschen um mich haben und liebte es, mich zu engagieren und neue Leute kennen zu lernen. Ich war immer wieder auf Konzerten, stand meist weit vorne und kam nachts vom Springen und Mitsingen verschwitzt nachhause. Mit 18 Jahren kam eine ausgeprägte Depression. Zeitweise durfte ich keine Besuche empfangen, weil ich schon nach einer Person aufgewühlt und panisch wurde. Ich musste mich komplett zurück ziehen, sollte sogar ein Jahr mit der Schule pausieren, damit es nicht zu viel für mich wird und ich erst wieder langsam in den Alltag starten konnte. Innerhalb weniger Monate hatte ich mich zu einem anderen Menschen verändert. Die junge Frau, die immer extrovertiert, leidenschaftlich und überschwänglich war, war plötzlich schüchtern, konnte keine fremden Menschen ansprechen und brauchte Ruhe. Hinzukam, dass innerhalb weniger Monate die Kleidergröße von 36 auf 44/46 gewachsen war…
Ich hatte lange damit zu kämpfen und habe mich gefragt, warum ein Mensch so komplett unterschiedlich sein kann.
War ich denn nun extrovertiert oder bin ich eigentlich introvertiert?
Liebe ich es, unter Menschen zu sein oder liebe ich es, allein zu sein?
Wer bin ich denn nun eigentlich?
Hatte ich mich selbst so in mir getäuscht?
Hatte ich etwas gespielt, was ich eigentlich nicht war? Oder noch viel mehr: Wollte ich jemand krampfhaft sein, der ich eigentlich nicht war und auch nicht sein konnte? Hatte ich mich mit einem Schauspiel überfordert?

Heute, 20 Jahre später, kann ich sagen: Nein! Ich habe nichts gespielt – ich konnte bestimmte Dinge einfach nicht benennen und kannte mich nicht gut. Aber: Ja – ich habe mich überfordert.
Nicht mit einem bewussten Schauspiel und doch, hatte ich etwas versäumt. Denn heute weiß ich: Ich gehöre zu einer Gruppe Menschen, die man „Hochsensibel“ oder „Hochsensitiv“ bezeichnet.
Was bedeutet das? Es bedeutet, dass diese Menschen noch sensibler auf Dinge reagieren, als „normal-Sensible“. „Hochsensible Menschen scheinen jedoch nicht über einen Filter zwischen sich und der Umwelt zu verfügen, sodass sie viel weniger Reize ausblenden oder ignorieren können.“ (Brigitte Schorr, Hochsensibilität – Empfindsamkeit leben und verstehen, SCM/Hänssler, 2018, S.10).
Es bedeutet also, dass (je nach Stärke und Form der Hochsensibilität) Eindrücke und Reize viel stärker auf diese Menschen einprasseln und daher auch stärker und intensiver wahrgenommen werden und verarbeitet werden müssen. Drei wesentliche Merkmale sind:
* Schmale Komfortzone
* Schnelle Überreizbarkeit
* langes Nachhallen. (vgl. ebd, S.15)

Vor einigen Jahren habe ich für mich festgestellt, dass ich zu dieser Gruppe Menschen dazu gehöre. Ich liebe es, unter Menschen zu sein und trotzdem kann es mir sehr schnell „zu viel“ werden. Eine Reizüberflutung kann mich schnell überrollen und ich werde müde, langsam und mein Denken blockiert. Hinzu kommt, dass Erlebnisse, Gespräche, ja sogar einzelne Wörter in Konversationen noch lange in meinen Gedanken verhaftet bleiben können und meist sogar damit auch die entstandenen Gefühle. Ich brauche daher manchmal einige Tage oder sogar Wochen, bis sich wieder eine innere Ruhe eingestellt hat, wenn ein größeres Event, eine Konferenz, eine Versammlung oder eine Party anstanden. Auch Gespräche oder Konflikte rauben extrem viel Energie und verlangen nach einer Ruhezeit.

Ich kenne einige Menschen, bei denen ich mir sicher bin, dass sie ebenfalls zu stärkerer Sensibilität neigen und ich glaube, dass die Masse an Reizen und Möglichkeiten heutzutage immer mehr Menschen mit Hochsensibilität offenbaren wird.
Die Frage ist: Was macht man nun mit diesem Wissen?
Ich habe für mich persönlich gemerkt, dass es weder gut für mich ist, mich ständig unter Menschen zu mischen und ständig aktiv zu sein, noch mich komplett zurück zu ziehen und nur noch in Ruhephasen zu sein.

Alles hat seine Zeit“ steht schon in der Bibel und ich glaube fest, dass da eine tiefe Wahrheit drin steckt. Der Mensch ist für Gemeinschaft geschaffen. Für Gemeinschaft miteinander und für die Gemeinschaft mit Gott. Es braucht für beides eine Zeit. Es braucht eine Zeit zum Ausruhen und Reflektieren aber auch eine Zeit, wieder das zu tun, wozu man befähigt und ausgestattet ist. Ich weiß, dass mein Platz derzeit die Aufgabe einer Co-Pastorin ist. Das bedeutet: Ich WILL mich einbringen, ich liebe es zu predigen, ich liebe es, Menschen weiterzuhelfen, für sie zu beten und zu schauen, wie ich beim Wachsen in der Beziehung zu Gott und zu sich selbst behilflich sein kann. Ich liebe es zu organisieren, zu planen und meine Ideen auszuleben. Und doch: Ich weiß, dass ich nur ein gewisses Maß an Kapazität, Energie und Komfort habe. Gehe ich nur einen Schritt zu weit, könnte ich schnell wieder körperlich und geistig überfordert sein und und in einen Erschöpfungszustand fallen.

Was ist also meine Strategie?

  1. Ich setze mir Prioritäten anhand meiner Ziele und Werte
    Ich habe für mich bestimmte Ziele und „Mission-Statements“ für mein Leben. Es treibt mich an und hilft mir, Dinge zu entscheiden.

    Für mich bedeutet das, dass ich
    a) Am Kirchenleben aktiv sein möchte
    b) Menschen (Frauen) helfen möchte, ihre Facetten besser kennen zu lernen und ihr Potential zu entfalten in dem ich kreativ, leidenschaftlich und liebevoll lebe, lehre und leite.
    c) Ich möchte meinen Mann unterstützen
    d) Ich möchte eine liebevolle Mutter sein, die für ihre Tochter da ist und ihr hilft, resilient und selbstständig zu sein.
    (Das ist nur ein kleiner Ausschnitt).


    Das bedeutet praktisch: Wenn ich in einer Woche einen Abend Smallgroup, einem Abend Teamleiter-Meeting und an einem anderen Abend Core-Team meeting habe, lasse ich nichts davon ausfallen. Dafür verzichte ich aber auf Abende, an denen ich vielleicht mit einer Freundin etwas unternehmen könnte. Die sind dann in einer anderen Woche dran, wo ich keine anderen Termine habe. Dann freue ich mich umso mehr und gebe dem abgemachten Abend mit einer Freundin Priorität.
    Ich verzichte auf keinen Sonntag, nur weil die Woche voller war. Es ist mir wichtig – das war es schon immer und hat nichts damit zu tun, ob ich angestellt bin oder nicht: Es ist meine Priorität, Gemeinschaft zu leben und mich in der Kirche einzubringen – also ruhe ich an einem anderen Tag aus, damit dies möglich ist.
    Es bedeutet auch, dass ich bewusste Zeiten habe, in denen meine Tochter mich zu 100% für sich hat und dass ich mindestens einmal in der Woche einen Abend nur für meinen Mann und mich reserviert habe.
  2. Ich plane voraus! Es gelingt mir mal mehr, mal weniger und doch im Gesamten immer besser, meine Wochen-, Monats- und Tagesplanung entsprechend zu gestalten. Dadurch bin ich mir selbst und anderen gegenüber zuverlässiger.
    Ich will mich nicht komplett zurückziehen- dazu bin ich nicht auf dieser Welt. Aber ich muss auf mich achten. Also ist mein freier Tag nicht samstags, sondern montags. Es ist der Tag, an dem ich nach einem Sonntag, der für mich wunderschön und doch sehr anstrengend ist, zur Ruhe komme. Gespräche hallen noch nach. Ich schaue auf das, was mich vielleicht verletzt oder getriggert hat und frage Gott, warum das so ist. Ich schlafe, ruhe aus und nehme mir Zeit für mich und meine Familie. Ich gestalte meine Woche so, dass ich nicht jeden Abend Termine habe.
    Auch die Jahresplanung gehe ich so an:
    Jedes Jahr im Mai finden die Pastoren-Tagungen und eine anschließende Konferenz statt. Für mich vermutlich die anstrengendste Woche des Jahres. Ich nehme mir an diesen Tagen täglich bewusst Zeit für den Rückzug. Nicht zu lange, aber ausreichend. Ich stelle mich bei der Konferenz an den Rand, damit ich Platz für mich während des Worships habe. Ich plane in der Woche nach der Konferenz möglichst keine Termine oder Gespräche, sondern blockiere mehr Zeiten oder fahre sogar für ein paar Tage in den Urlaub.

  3. Ich prüfe täglich, wie es in mir ausschaut.
    An jedem Tag, an dem ich viele Menschen um mich habe, ziehe ich mich irgendwann zurück. Ich gehe bei Pastoren-Tagungen abends meist ins Zimmer statt zu Gemeinschafts-Aktionen, um zur Ruhe zu kommen. Es kann passieren, dass ich an einem Dienstag bereits merke, dass die letzte Woche anstrengender war als gedacht. Oder es kommt vor, dass ein intensives Gespräch längere Zeit benötigt um zu sacken. Dann passe ich die Wochenplanung entsprechen an. Wo kann ich Zeiten freischaufeln? Muss die Wäsche wirklich gemacht werden oder gehe ich stattdessen zwei Stunden in den Wald? – Ich nehme mir die Freiheit, mit meinen Verpflichtungen und Abmachungen mit anderen im Blick, Dinge anzpassen.
  4. Ich lerne dazu!
    Ja, ich habe trotz allem immer wieder in Situationen eine Überforderung und ziehe mich schlagartig zurück. Versteht es jeder? Nein. Will es jeder verstehen? Nein!
    Manche machen mir hinter meinem Rücken Vorwürfe, manchen tue ich leid, manche denken zu viel nach, was mit mir los ist. Ist das mein Problem? Nein:) Wenn jemand fragt und wirklich interessiert ist, kann ich in Ruhe erklären, was los ist. Wenn niemand fragt, muss es mir egal sein! Aber ich lerne dazu und ich darf dazu lernen. Denn nur dadurch kann ich Stück für Stück etwas verändern.
    Dazu gehört es auch, dass ich manchmal plötzlich Menschen meide, wenn ich merke, dass Gespräche oder Aussagen von ihnen mir nicht gut tun oder zu sehr reizen. Wenn ich merke, dass diese Personen mir zu viel Energie rauben, die ich dann von meinen Prioritäten abziehen muss – dann weiß ich, was zu tun ist. Das klingt hart, ist aber wichtig!
    Prioritätensetzen und stets prüfen ist notwendig, wenn man hochsensibel ist.

    Stell dir vor, du hast einen Wasserkrug voll mit Wasser und musst ihn auf verschiedene Pflanzen aufteilen, die in deinem Garten wachsen. Wenn du nicht genau weißt, welche Art Garten du möchtest, schüttest du das Wasser wild irgendwo hin und nichts wird wachsen – außer vielleicht das Unkraut. Wenn ich aber weiß, ich möchte unbedingt Mediterranes Gemüse und meine Priorität sind die Zucchinis und Tomaten, dann nehme ich in Kauf, dass die schönen Sonnenblumen vielleicht vertrocknen. Wenn ich einen Blumengarten möchte, werde ich das Wasser anders aufteilen. Aber ich muss schauen, was mein Ziel, meine Vision, meine Aufgabe ist, damit ich mit den gegebenen Ressourcen haushalten kann. Das ist beim Budget so, das ist mit Zeit so und das ist auch mit Energie und Gedanken so.


Hochsensibilität ist keine Krankheit und auch keine Störung! Ich erlebe leider immer wieder, dass Menschen es als Grund dafür nennen, sich kaum noch aktiv irgendwo zu beteiligen. Ich finde es schade. Denn ich glaube, dass jeder Mensch auf eine Art und Weise von Gott gebraucht wird und in dieser Welt einen Platz hat. Und dieser Platz kann nicht auf dem Sofa Zuhause sein…Das Paradies sah anders aus, soweit ich weiß:-)

Ich habe gelernt, dass meine Hochsensibilität hilfreich ist. Sie stört mich nicht. Sie hilft mir. Sie hilft mir, Gott intensiver zu „hören“. Sie hilft mir wahrzunehmen, wo Unfrieden herrscht, wo schlechte Atmosphäre sich anbahnt oder wo Schmerz ist. Ich kann dadurch reagieren, wenn es notwendig ist. Nun lerne ich zusätzlich, Dinge abzugeben und abzuschütteln, wenn es zu viel ist oder auch gar nicht von mir „getragen“ werden muss. Ich ziehe mir nicht mehr jeden Schuh an und lasse mir ihn auch nicht mehr von jedem anziehen.

Ja, es ist anstrengend aber ICH kann es steuern. Ich bin nicht bereit, mich von meiner Hochsensiblität steuern zu lassen!
Also arrangiere und dirigiere ich.

Warum schreibe ich das alles? Weil ich mir und dir zutraue, dass WIR bestimmen können!
Wenn wir uns die Freiheit nehmen, uns selbst besser kennen zu lernen und herausfinden, WOZU wir hier sind, dann kann uns Hochsensibilität nicht stoppen!


Was kannst du tun, wenn du das Gefühl hast, dass dir schnell Dinge zu viel werden?
Setze klare Ziele und Prioritäten!
Plane vor!
Nimm täglich Zeit zum „innehalten“ und „Überprüfen“.
Sei mutig, Dinge zu verändern, wenn es nicht passt.

Aber tu dir selbst einen Gefallen: Tu dir nicht leid, wenn du Reize intensiver wahrnimmst. Sei dankbar dafür und lerne es zu nutzen! Denn du bist nicht zufällig so, wie du bist!