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Segen oder Fluch?

Segen oder Fluch?

„Lasst keine verderblichen Reden aus eurem Mund kommen, sondern nur solche, die gut zum Aufbau sind, je nach Anlass, damit sie denen, die es hören, Gnade schenken.“ (Epheser 4,29)

Hast du schon mal abends für dich reflektiert, was du am Tag alles so von dir gegeben hast? Hast du dich abends schon mal rückblickend gefragt, wie und was du gesagt hast, über wen du wie gesprochen hast?

Ich tue das immer wieder und es hilft mir, eine Entscheidung, die ich vor Jahren getroffen habe, immer mehr zu leben: Ich möchte LEBEN sprechen- und nicht tot.
Ich selbst bin eine Person, die sich Worte und Formulierungen merkt. Ich habe es schon als Kind geliebt, Dinge auswendig zu lernen und trifft mich ein Filmzitat oder eine Aussage innerlich (positiv oder negativ), ist es wie eingebrandt in meinen Gedanken. Das hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil: Ich kann mich oft gut an Aussagen und Abmachungen erinnern. Der Nachteil: Ich kann mich auch gut an negative Aussagen und Worte erinnern. Dinge, die mir in einer Diskussion oder im Streit gesagt wurden, brennen sich tief in mir ein. Das hat wiederum zwei verschiedene Gründe:
Der erste: Die Person hat das Wort/die Formulierung genau so gesagt und in dem Moment auch gemeint, aber aus einem Schmerz oder Affekt heraus gehandelt. Der zweite: Die Person hat es genau so gesagt, aber ich habe dem Gesagten eine andere Bedeutung gegeben. Ein Beispiel: Ich fragte vor Jahren einmal meinen damaligen Pastor (der mir vorschwärmte, wo er meinen Mann in ein paar Jahren sehen würde): „Wo siehst du mich eigentlich? Was denkst du ist MEIN Platz?“
Der Pastor blies nachdenklich Luft zwischen die Lippen aus, schüttelte den Kopf leicht und sagte: „Puh, da kann ich jetzt eigentlich gar nichts zu sagen.“ Ich kämpfte mit den Tränen, schluckte und verließ den Raum. Jahrelang hatte ich das Denken: „Dieser Mann sieht mich überhaupt nicht. Er sieht kein Talent in mir, keine Begabung und hat offensichtlich ein Problem mit Frauen- denn bei meinem Mann und anderen ist es ja kein Problem, dass er ihr Potential und ‚den Platz‘ sieht!“
Dieses Denken passte damals zu meinem gesamten Denk-Konstrukt: Das klassische Opferdenken. „Ich kann nichts, ich bin nichts wert, alle anderen können es besser, ich muss kämpfen um mich zu beweisen, ich muss hart arbeiten, damit man mich sieht…“
Es stellte sich nach einigen Jahren heraus, was dieser Pastor wirklich gemeint hatte: „Desi, du konntest so viel. Du warst in fast jedem Bereich in der Kirche am mitwirken und es gab so viele Gaben und so viel Potential, dass ich einfach nicht wusste, wo dieser „EINE“ Platz für dich sein soll. Ich konnte dazu einfach nichts sagen, weil ich überfordert war mit deiner Motivation und deiner Gabe in so vielen Bereichen!
Puh. Eine riesen Last fiel von meinen Schultern. Ich seufzte und weinte – so viele Jahre waren ein Kampf, der nicht notwendig war. Hätte ich doch nur verstanden, wer ich war! Er hatte also etwas gesagt, aber ganz anders gemeint und ich hatte es verstanden, wie ich es in meinem Denken gewohnt war: „Für dich gibt es keinen Platz!“

Worte können also viel auslösen – aber WIR können entscheiden! Wir können entscheiden, WIE wir etwas verstehen wollen und wir können entscheiden, WIE wir etwas sagen.
Ich las vor Jahren mal den Satz: „Ich bin nur verantwortlich für das, was ich sage – nicht für das, was du verstehst!“ – was denkst du darüber?

Was ich in den letzten Jahren immer mehr gelernt und beobachtet habe: Nicht nur Worte, die wir einer Person DIREKT sagen, lösen etwas aus. Es sind vor allem die Worte, die gedacht oder über die Person ausgesprochen werden, wenn diese nicht da ist. Was denkst und redest du über die Person, wenn sie nicht im Raum ist? Ist es LEBEN oder TOD?
Bleibe ich bei dem Negativen der Person stehen und spreche sogar Dinge aus wie „Das wird sich nie ändern!“ oder stelle ich das Negative fest und beginne zu beten für die Person?
Ich bin seit Längerem dran, Gott um seine Sichtweise zu bitten. Wie sieht er die Person? Was steckt hinter dem Verhalten oder der Eigenart und vor allem: Was hat Gott in diese Person an Potential und Gutem von sich selbst hineingelegt?
Wenn diese Fragen gestellt werden, ist das eine große Hilfe, denn es wird Leben ausgesprochen.
Die Bibel spricht immer wieder davon, dass wir einander lieben sollen. Jesus fordert immer wieder dazu auf. In ersten Brief an die Korinther schreibt der Apostel Paulus über die göttliche Liebe. Er beschreibt sie unter anderem als geduldig, freundlich, nicht nachtragend. „Sie lässt das Böse nicht zu!“ Ich bin lange nicht an dem Punkt, an dem ich diese bedingungslose, göttliche Liebe für jeden Menschen empfinde. Aber es gibt Schritte, die man auf diesem Weg gehen kann.

Zum Beispiel: Nach dem Aufregen und dem Genervt sein über eine Person, einatmen, ausatmen und die Augen schließen: „Gott. Du liebst diese Person! Zeig mir, wie du sie siehst!“ Und plötzlich geschieht etwas: Du bekommst vielleicht Mitleid, weil du die Verletzungen und die Kämpfe der Person siehst. Du bekommst vielleicht Verständnis, vielleicht sogar Scham, weil du merkst, dass du es oft genauso machst oder gemacht hast. Oder du siehst vielleicht sogar die geistliche Welt um diese Person, siehst dunkle Wolken um sie oder Kämpfe. Und DANN bekommst du Liebe und Sanftmut. Du bekommst Geduld und Freundlichkeit. Und du beginnst leichter, für diese Person zu beten und sie zu segnen – das heißt GUTES über sie auszusprechen. „Ja, XY ist da schwierig – aber ich glaube, Gott hat da noch viel vor!
Es kann aber auch bewirken, dass du für dich merkst, dass du Abstand zu dieser Person benötigst. Vielleicht weil die Gegenwart etwas in dir auslöst oder du selbst zu alten Verhaltensmustern zurück kehrst, wenn du dieser Person gegenüberstehst. Das ist ok. Eine Freundin sagte mal: „Manchmal ist Distanz das größte Maß an Liebe, das man jemandem entgegenbringen kann.“ – Das fand ich sehr hilfreich. Denn während ich auf Distanz gehe, kann ich leichter für die Person beten und sie segnen.

Ich möchte dich ermutigen und bitten:

  • Denke über die Worte nach, die du über eine Person denkst und aussprichst. Egal ob vor oder hinter dem Rücken der Person.
  • Überprüfe, warum du so denkst und wo die Verletzungen und Impulse herkommen, wenn du verärgert bist. (Hast du alles richtig verstanden? Wo liegen die Wurzeln?)
  • Prüfe für dich, mit wem und mit wie vielen du darüber redest.
  • Prüfe, was deine Motivation dahinter ist, wenn du mit jemandem redest! Was wird das Gespräch bewirken bei dir, bei der anderen Person und im Umfeld?
  • Prüfe, ob du zuerst mit Gott darüber reden solltest, damit ER auch seine Sichtweise einbringen kann.
    Und bete für die Person.
  • Segne sie und sprich Gutes über sie aus – auch in der Unsichtbaren Welt.
    Und dann sei gespannt, was sich verändert!

    Bringen deine Worte und Gedanken über eine Person SEGEN oder FLUCH? LEBEN oder TOT?