Die Beerdigung eines Traums – oder: Die Geburt einer neuen Vision

Die Beerdigung eines Traums – oder: Die Geburt einer neuen Vision

Ein bewegendes Wochenende und vor allem bewegende Wochen liegen hinter mir: Wir hatten Ladies Lounge- die Frauenkonferenz unserer Kirche- und ich durfte mit einem Team von genialen Frauen in Salzburg eine Location gestalten und hosten.
Das Thema: „Rooted in the garden“ – Verwurzelt im Garten.
Es ging um das geistliche Verwurzelt sein in Gottes Gegenwart. Viele Gedanken wurden angeregt – durch die Predigten der Pastorinnen im ICF Zürich aber auch durch die Vorbereitung meiner eigenen Inputs und der gesamten Veranstaltung.
Worin bin ich verwurzelt?
Was ist die Wahrheit in meinem Leben?
Welche Lügen glaube ich über mich selbst und wie kann ich die Stimme Gottes von allen anderen unterscheiden lernen?
Wie sieht mein Leben aus und nach was „schmeckt“ das, was ich ausspreche und denke? Ist es etwas leben-spendenes oder etwas, was nach „Tod“ – also negativ schmeckt?

Diese Fragen galt es für mich in den letzten Tagen und Wochen zu verarbeiten und ich bin noch lange nicht fertig damit.
Heute verbrachte ich einige Stunden im Wald und im Garten, um über all das nachzudenken.
Und da passierte etwas Unvorhergesehenes… Dazu ist eine kleine Rückblende notwendig:
Im Sommer bekamen wir während unseres Urlaubs ein Foto von unserem Vermieter geschickt, auf dem ein Brief in unseren Briefkasten geworfen wird. Danach das nächste Foto mit dem Inhalt dieses Briefes: Die schriftliche Kündigung unserer Wohnung wegen Eigenbedarf. Nachdem der erste Shock einigermaßen verdaut war und ich aus einigen Tagen depressiver Stimmung wieder zurück ans Licht kam, suchten wir sofort nach unserer Rückkehr aus dem Urlaub Wohnungen im Umkreis. Keine leichte Sache derzeit. Wir haben dann schließlich eine wunderschöne Wohnung gefunden und ich freue mich auch schon sehr auf unser neues Zuhause ab 2024. Obwohl es einen kleinen Wehmutstropfen gibt: Es gibt keinen Garten.
Bisher dachte ich, dass das völlig OK für mich ist – bis ich heute zum Reflektieren des letzten Wochenendes in unseren Garten ging…

Ich stand vor meinem Hochbeet, das mein Schwiegervater mir erst diesen Sommer aufgebaut hatte – ein Weihnachts-/Geburtstagsgeschenk, das ich mir gewünscht hatte. Ich war in diesem Jahr wortwörtlich aufgeblüht, was das Gärtnern anging. Aus dem ungepflegten, mit Efeu-überragten Gartenstück hatten mein Mann und ich in den letzten Jahren den Anfang unseres kleinen Paradieses geschaffen: Aus der Ecke, in der jahrelang der Kompost einfach ohne Belüftung hingeschmissen wurde, hatten wir eine schöne, mit Kiesbedeckte Gartenlounge geschaffen. Der mit Steinen übersäte Boden wurde bepflanzt und es wuchsen nun wunderschöne Hortensien, Farne, Funkien und kleine Büsche. Wir hatten in diesem Sommer eine der schönsten Wiesen mit einer Vielfalt an Wildkräutern, Bienenweiden, Blumen und Sträuchern am Rand. Im Hochbeet und in den Töpfen hatte ich Blumenkohl, Tomaten, Auberginen, Gurken und vieles mehr. Jeden Abend spazierte ich durch den Garten und betrachtete alles und freute mich daran. Die ganze Arbeit hatte sich gelohnt und wenn ich meinen freien Tag hatte, legte ich mich in die Hängematte unter den Apfelbaum und schaute den Blättern im Wind zu. Idyllisch -nicht wahr?
Und nun…stand ich mit der Schubkarre auf der abgemähten Wiese, brachte die Pflanzen zum angelegten Kompost, sortierte Blumentöpfe aus und ordnete die Gartengeräte, um diese zu verschenken und zu verkaufen. Ich begann zu weinen. Es tat weh.
Als ich die Schubkarre mit den Pflanzen in den Kompost leerte, fühlte es sich wie eine Beerdigung an. Ich befand mich mitten in einem Trauerprozess.
Die neue Wohnung hat eine Veranda – keinen Platz für ein Hochbeet oder eine Vielzahl von großen Pflanzen. Keine Blumenwiese, an der ich mich freuen kann – kein Platz für die schönen Gartenmöbel, die wir uns vom Urlaubsbudget abgezwackt hatten.
„Alles umsonst!“ hörte ich mich leise sagen. „Die ganze Arbeit umsonst!“ und ich dachte: „Gott, das ist so gemein. Ich wollte so lange einen Garten und jetzt muss ich ihn wieder hergeben!“ Ich dachte sogar darüber nach, alle Blumenzwiebeln und Farne und Funkien, die ich in den letzten Jahren gepflanzt hatte, rauszunehmen. Egal ob ich selbst keinen Platz dafür hatte -hauptsache der Nachmieter hat keine Freude daran… und während ich mich dabei ertappte das zu denken, hörte ich, wie eine innere Stimme sagen: „Desirée, nach was schmeckt dieser Gedanke? Ist er liebevoll? Bringt er Leben oder Zorn?“ Und ich musste schlucken.
War wirklich alles umsonst? Hatte ich nicht von dieser Saat schon längst geerntet? Hatte ich nicht den leckeren Gurkensalat genossen, mich an den Tomaten gefreut? Hatte ich nicht viele schöne Tage, in denen ich am Abend voller Freude auf der Wiese lag und dankbar dafür war? Was hatte ich mir denn mehr erhofft? Wie kam ich dazu zu sagen, dass „alles UMSONST“ war? Wofür hatte ich den Garten denn angelegt? Und ich spürte, dass es nicht umsonst war. Es hatte sich gelohnt. Alles. Jeder Handgriff. Denn ich hatte jeden Abend, an dem ich mich an diesem Garten freute, meine Begegnung mit Gott. Ich hatte in jeder Sekunde, in der ich in diesem Garten war, eine Vision. Ich säte und sah schon die Pflanze, die ich daraus wachsen sehen wollte. Ich freute mich schon beim Einpflanzen an den Früchten, die noch daraus wachsen würden. Wir hatten tolle Tage in diesem Garten, eine Tochter, die sich freute, darin herumzurennen, Kinder, die dort feierten, Männer, die mit der Smallgroup Spikeball spielten und Freundinnen, die mit mir in lauten Sommerabenden dort saßen und erzählten. Und nun bin ich dankbar für diese Zeit. Ich schaue dankbar zurück – anstatt traurig nach vorne. Dieser Garten war für diese gewisse Zeit richtig und gut. Und nun ist etwas Neues dran. Ich werde die Früchte selbst nicht mehr ernten können- aber die Menschen, die nach uns hier einziehen, werden sich daran freuen können.

So ist das im Leben – jede Begegnung, jede Beziehung ist ein Investment. Wir wissen nicht, für wie lange – aber es wird Spuren hinterlassen – wenn wir es zulassen. Wenn wir nicht an uns selbst denken, sondern dankbar sind für das, was war und vertrauen, dass Gott einen Plan hat und hatte.
Und nun? Hole ich mir mein Zeichenpapier und zeichne meine Vision von unserer Veranda auf. Es wird kleiner. Es wird anders. Aber es wird gut und ich werde mich daran freuen! Für wie lange weiß ich nicht, aber jetzt ist die Zeit! Das, was die „Beerdigung meines Traums vom Garten“ war, wird nun zur Geburt einer neuen Vision!