„Die offene Tür“ oder „Carcassonne, Jerusalem und du“

„Die offene Tür“ oder „Carcassonne, Jerusalem und du“

Am 18. April 1973 wurde ein kleiner Junge in Frankreich geboren.
Vielleicht hatte er eine kleine Dreirad-Gang in seiner Nachbarschaft.
Vermutlich spielte er als 10-Jähriger gerne Fußball, wie viele anderen Jungs in seinem Alter.
Vielleicht hielt er als 15-Jähriger seine Eltern auf Trab mit verrückten Ideen.
Vielleicht war er in der Schule eher unauffällig aber dafür fleißig.
1999 beendete er als Jahresbester die Militärakademie.
Seine Lehrer beschrieben ihn als fleißig und als Kämpfer. Jemand der nicht aufgibt und sich durchbeißt.

2003 wurde er in eine Spezialeinheit der Gendarmerie zur Terrorismusbekämpfung aufgenommen.
Am 23.März 2018 war er, Arnaud Beltrame vor Ort, als ein Terrorist des IS in einem Supermark bei Carcassonne Menschen erschoss und als Geiseln nahm.
Beltrame ließ sich gegen die letzte Geisel eintauschen, wurde schließlich lebensgefährlich durch Messerstiche und Schüsse verletzt und kam ins Krankenhaus, wo er kurze Zeit später verstarb.

Diese Begebenheit vor wenigen Tagen hat mich wachgerüttelt. Zum einen, weil ich entsetzt war über einen erneuten Anschlag.
Zum anderen, weil ich mitfühlte und gleichzeitig, weil ich tief berührt war von dieser selbstlosen Aufopferung. Ein Mann, der sich in 3 Monaten mit seiner Frau kirchlich trauen lassen wollte, entscheidet sich, sein Leben aufs Spiel zu setzen, damit eine andere Person ihr Leben weiterleben kann.

Es ist tief traurig, tief berührend und gleichzeitig erschütternd.

Gleichzeitig ist es für mich ein Zeichen der Hoffnung.

Hoffnung darauf, dass es in diesem Chaos und Durcheinander von Provokation, Hass, Selbstdarstellung, Krieg, Zerstörung, Trauer, Verletzungen….noch Liebe, Hoffnung, Mitleid, Selbstlosigkeit, Mitgefühl, Unterstützung, Mut und Vergebung gibt.

Und ich frage mich, wie sich wohl die Geisel fühlt, die nun frei gekommen ist. Wie fühlt man sich, wenn einem das Leben geschenkt wurde, weil jemand anderes einen Platz eingenommen hat?

Wie würdest du dich fühlen?

Irgendwann, vermutlich zwischen 10 v. Christus und 10 n. Chr. wurde in einem Dorf in Israel ein Mann geboren.

Vielleicht krabbelte er fröhlich mit seinen Geschwistern auf dem sandigen Boden.
Vielleicht liebte er es, mit Steinen und Murmeln zu spielen.
Vielleicht war er schon als Kind aufmüpfig und regte seine Eltern auf.
Vielleicht war er aber auch ein Waisenkind.
Vielleicht war er als Jugendlicher irgendwie auf die schiefe Bahn und an die falschen Leute geraten. Es würde erklären, warum er einige Jahre später mit anderen Leuten einen Mopp plante und sogar Menschen ermordete.
Vermutlich im Jahr 36 nach Christus stand er schließlich auf einem Podest. Umgeben von grölenden und schreienden Menschen. Vor Kurzem waren sie gegen ihn und wollten, dass er verurteilt wird. Aber heute rufen sie seinen Namen mit Freude. Barrabas. Er soll freigelassen werden.
Er, ein Mann, der wegen Mord und Aufruhr angeklagt war.
Ein Mann, der zurecht ein volles Strafmaß verdient hätte, steht einem anderen Mann gegenüber, der eigentlich EINES im Sinn hatte: Den Menschen zu zeigen, dass Gott ein Gott der Gnade ist, der sich nach seinen Menschen sehnt. Ein Gott der genug hat von religiösen Opfern und Gesetzeseinhaltungen. Dieser Mann wollte den Menschen zeigen: Gott ist so anders als ihr denkt und ihr erklärt es den Menschen falsch.

Und dafür wurde dieser andere Mann, JESUS, verurteilt.

Barrabas, der Mörder, wird freigelassen und sieht zu, wie Jesus abgeführt wird.
Barrabas wird durch Jesus eingetauscht.
Wie hat er sich wohl gefühlt?

Vor wenigen Jahren wurdest du geboren.
In einem Dorf, in einer Stadt, vielleicht in diesem Land oder in einem anderen Land.
Du hast bestimmt Menschen in deinem Umfeld zum Lächeln gebracht, als du anfingst zu krabbeln. Hast im Teenageralter deine Eltern auf Trapp gehalten.
Hast geweint, als du den ersten Liebeskummer hattest und dich aufgeregt, als die ersten Pickel im Gesicht zu sehen waren.

Vielleicht hast du von der Geiselnahme und dem selbstlosen Handeln von Arno Beltrame gehört.
Vielleicht hast du auch schon von Barrabas gehört.
Vielleicht hast du auch schon von diesem Jesus gehört.
Dass er für dich gestorben ist.
Vielleicht hast du schon von all dem gehört aber gleichzeitig gedacht: Mich betrifft es nicht. Es ist weit weg passiert. Es ist zu einer Zeit passiert, als ich nicht dabei war.

Aber weißt du was? Auch wenn du nicht vor über 2000 Jahren dabei warst, als dieser Barrabas frei kam und Jesus zum Tod verurteilt wurde, ist es doch DEINE Geschichte.

Denn „Barrabas“ – das sind du und ich.

Der Mann, der damals eingetauscht wurde, dem eine neue Chance gegeben wurde – genau wie vor wenigen Tagen der Geisel in Frankreich… – Das sind du und ich!

Als dieser Jesus damals eingetauscht wurde gegen den Mörder Barrabas, ist gleichzeitig folgendes passiert: Jesus wurde eingetauscht gegen dich und gegen mich.

Jesus nahm einen Platz ein. Nämlich deinen und meinen.

Warum?

Weil der heilige Gott, der uns nach seinem Bild geschaffen hat, der Gemeinschaft mit uns in seiner Reinheit und Heiligkeit wollte, plötzlich allein da stand. Der Gott, der uns dazu geschaffen hat, in einer wunderbaren, liebevollen Beziehung mit ihm zu leben, von uns verlassen wurde. Weil die Menschheit sich von ihm entfernt hat. Weil der Mensch fremdgegangen ist. Fremdgegangen mit der Welt, mit Religiosität, mit Starrheit und einem ganz falschen Gottesbild.

Und weil es dafür Konsequenzen gibt. Die Konsequenz heißt: Trennung von Gott. Nicht kurz. Sondern eigentlich für Immer. Es gäbe kein Zurück für uns. Wenn Jesus nicht eingesprungen wäre und diesen Platz der Konsequenz eingegangen wäre. Wenn Jesus selbst nicht diese Trennung von Gott durchlaufen hätte. Diesen Moment, in dem er, Jesus der Mensch, starb und schrie: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“.

Jesus hat den Platz eingenommen.

Gott hatte von Beginn der Zeit klar festgelegt: Du bist Mensch, nach meinem Ebenbild geschaffen. Bleib nah bei mir. Halte dich an mich, vertraue mir. Vertraue mir, dass du Mensch bist und alles hast, was du brauchst und vertraue mir, dass ich Gott bin, dich liebe und dich versorge. DU musst nicht nach mehr streben. Du musst nichts tun, außer dich auf MICH zu verlassen. Wenn du dieses Vertrauen brichst, dann gibt es kein Zurück – dann musst du in ewiger Trennung von mir leben.

Eigentlich ein sehr verständliches Bild: Wenn ein Ehepartner dich ignoriert, selbstgerecht ist, das Zusammenleben nicht mehr gestaltet, dich verleugnet und keine Zeit mehr mit dir verbringen will, über alldem aber noch fremdgeht – ist die Beziehung meistens zerstört und du würdest, verständlicher Weise, die Tür schließen und den Partner in die Wüste schicken.

Die Konsequenz unseres „Fremdgehens“ wäre eine geschlossene Tür zu Gott. Mit fettem Riegel davor – nie wieder zu öffnen.

Weil Gott souverän ist, gilt diese Konsequenz weiterhin.

Aber weil Gott gleichzeitig so sehr liebt und sich diese Beziehung so sehr wünscht, gibt er uns eine neue Chance. Er öffnet die Tür und durchlebt diesen Schmerz der Trennung, die Demütigung, die Verurteilung, die Verspottung von anderen selbst als Mensch.

Wie ist das zu verstehen?

Stell dir vor, du wirst als Straftätger verurteilt. Du sitzt im Gericht auf der Anklagebank. Die Schuld, die zu begleichen ist, ist unbezahlbar. Sie kann nicht von uns beglichen werden. Gott, der Richter spricht das Urteil. Und kaum hat er es ausgesprochen, zieht er seinen Richtermantel aus, wird zu einem normalen Bürger und stellt dir den Scheck aus, mit welchem die Schuld beglichen ist.

Gott wird selbst zum Menschen und zahlt die Schuld für uns. Damit du, wie Barrabas, wie die Geisel frei bist, dein Leben neu nach Gott ausrichten kannst und bei ihm sein darfst.

Die Tür ist offen.
Ob du hindurch gehst- das bleibt deine Entscheidung.

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