Würde mich in diesem Moment jemand fragen, wie es mir geht, könnte ich keine Antwort geben. Ich befinde mich in einer Zwischenwelt. Vielleicht kennst du das auch: Meine Gefühle sagen, dass ich mich miserabel fühle, weil mich eine bestimmte Konversation heute innerlich komplett aufgewühlt hat. Mein Kopf sagt, dass ich mich nicht von diesen ersten Gefühlen leiten lassen sollte – also wird das Hirn angeschaltet und läuft seit Stunden auf hochtouren um die Gefühle zu ordnen und das Gesagte zu selektieren. Was davon wurde gesagt, was davon (falsch) verstanden?
Was von dem, was in meinem Gedächtnis geblieben ist, ist die Wahrheit und was davon ist einfach eine Lüge?
Es gibt diese bestimmten Lebenslügen, die sich als Wahrheit, als Festlegung festsetzen. Das beginnt im Kindesalter schon. Situationen und Handlungen bzw. Reaktionen die das Kind „versteht“ werden abgespeichert und spätere, ähnliche Situationen dann damit verglichen und zum Teil genau so verstanden. Ein Beispiel?
Einer meiner großen Lebenssätze ist gewesen „Es reicht nicht!“ Ich weiß nicht, in welcher Situation sich dieser Satz bei mir eingeprägt hat, aber über Jahre war mein Verständnis bei der kleinsten Kritik, dass ICH nicht genüge oder meine Leistung nicht ausreichend ist.
Ein anderer Satz könnte sein „Das ist falsch“ oder „Du machst alles kaputt!“ Das ist so ein anderer Satz, der unbewusst in mir verankert war. In verschiedenen Situationen in meinem Leben fielen Sätze wie „Jetzt muss ich die Scherben aufkehren!“ oder „Du musst echt aufpassen, was du sagst. Du verletzt damit!“ und auch erst gestern fiel der Satz „Ich weiß, du hast es gut gemeint, aber das hat in mir erstmal alles wieder zerstört!“
Und genau da fing es wieder an, dass in mir etwas passierte. Ist es nicht merkwürdig, dass ich gerade im letzten Jahr ein neues Angebot in der Kirche ins Leben rufen wollte, das „RESTORE“ (Wiederherstellung) heißt? Ein Angebot, wo es darum geht, Verletzungen und Wunden im Leben von Menschen anzuschauen und durch Gott heilen zu lassen und Hoffnungen, Leben und Träume wieder herzustellen? Und nun sitze ich da und muss mich entscheiden: Was ist die Wahrheit? Der Glaube, dass ich immer nur zerstöre? Beziehungen. Träume. Hoffnungen. Motivationen – was auch immer. Dem Gefühl nachgeben, dieses Vorhaben besser sein zu lassen, bevor wieder mehr kaputt geht? Oder gebe ich dem inneren Wunsch nach und gehe weiter, damit ich Zeugin von Heilung und Freisetzung im Leben von anderen werden kann und Werkzeug dafür bin?
Ich wünschte mir, ich wäre bereits an dem Punkt, an dem ich diese Trigger-Sätze einfach ignorieren könnte. Gar nicht darüber nachdenken muss und einfach weiß, was die Wahrheit ist. Aber im Moment bin ich genau in diesem Zwischenraum: Zwischen Wissen und Fühlen. Zwischen schmerzhafter Erinnerung und heilender Zuversicht.
Was auch immer deine Lebenssätze sind, die du von Kleinauf glaubst: Ich möchte dich ermutigen, mit Gott darüber ins Gespräch zu gehen und herauszufinden, was seiner Wahrheit entspricht! Vielleicht helfen dir, wie mir auch, die folgenden Gegenüberstellungen:
„Ich genüge nicht!“ vs. „Du kannst nicht perfekt sein. Aber sei perfekt du selbst, in dem du DU bist!“
„Ich kann nichts!“ vs. „DU kannts nicht alles. Aber das musst du auch nicht. Du kannst lernen und hast bereits zahlreiche Talente!“
„Du bist kühl und unnahbar!“ vs. „Du weißt was es heißt, dich zu schützen. Du darfst trotzdem empathisch sein!“
„Du hast versagt“ vs. „Du darfst Fehler machen, denn ohne Fehler lernt man nichts!“
„Mich nimmt niemand wahr!“ vs. „Ich, Gott, sehe dich und ich sehe dein Herz. Das ist wichtiger als jede sichtbare Leistung“
„Ich leiste nicht genug!“ vs. „Du BIST genug!“
„Die anderen können es besser!“ vs. „Du kannst es einzigartig!“
„Ich zerstöre mehr als ich aufbauen kann“ vs. „Du hast viel gelernt. Du darfst auch mal wieder hinfallen. Dann steh auf und mach weiter!“
„Das war ein Fehler!“ vs. „Das war EIN Fehler, nachdem du HUNDERT Dinge richtig gemacht hast!“
und so weiter…